Best of #11 Wirkung

Danke für nichts!

Mit Blick auf die nun diskutierten Haushaltsplanungen für 2025 sind wir erstmals froh, dass es uns nie gelungen ist, eine Strukturförderung aus Landesmitteln zu bekommen. Das versetzt uns in die Lage, für den Moment ohne weitere eigene finanzielle Sorgen auf das Jahr 2025 zu schauen. Größte Sorgen bereiten uns allerdings die pauschalen Kürzungen durch die Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt, die eindrucksvoll die Konzeptlosigkeit und Kurzsichtigkeit zeigen, für die der Kultursenator Joe Chialo und die Stadtregierung stehen. In dieser Situation sind wir vollumfänglich solidarisch mit den Kolleg:innen, die nun nicht wissen, ob und wie sie die nächsten Jahre existieren sollen.

Es gelingt dem Kultursenator, gleich beiden Aspekten (Kultur und Gesellschaftlicher Zusammenhalt), mit denen sein Amt überschrieben ist, schwungvoll die Grundlage zu entziehen. Das zeigt Wirkung in einer Weise, die gleichermaßen visionslos wie zerstörerisch ist. Durch die angekündigten Maßnahmen, werden nicht nur die Budgets der großen Kulturinstitutionen, die Berlin national und international Strahlkraft verleihen, empfindlich getroffen. Viel schwerer wiegt, dass die freie Szene und die unterstützenden Strukturen, die schon in den Pandemie-Jahren auf das Übelste einstecken mussten, nun den Schwinger einfangen, der sie in weiten Teilen nachhaltig und vollständig zur Strecke bringen wird.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt? Hmm…

Hier geht es final um Existenzen – und zwar nicht nur institutionell, sondern auch individuell. Die Maßnahmen reihen sich in einer unerträglichen Schlüssigkeit ein in die Passivität der Senatsverwaltung angesichts der bezirklichen Maßnahmen in Bezug auf die Bildung und auch die kulturelle Bildung: unausweichliche und schon längst bekannte Nachwirkungen des Herrenberg-Urteils werden schlicht >>ausgesessen und wegmoderiert. Mit der Entscheidung, sämtliche Initiativen und Organisationen im Bereich der kulturellen Bildung und Teilhabe ihrer finanziellen Grundlagen zu berauben, straft sich der Kultur- und Zusammenhaltssenator endgültig Lügen. Uns würde wirklich interessieren, womit der Einsatz für gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Kultur realisiert werden soll, wenn in einem Streich Errungenschaften wie das Institut für Kulturelle Teilhabeforschung, das servicezentrum musikschulen, Diversity Arts Culture, kultur_formen, Kulturraum (alle in der zur Auflösung vorgesehenen >>Stiftung für Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung zusammengefasst) abgewickelt werden. Damit wird die Ignoranz deutlich, mit denen das kulturpolitische Personal in Berlin agiert, denn wer an der Zukunft von Kultur als gesellschaftlicher Kraft interessiert ist, löscht nicht die Räume aus, in denen Kompetenzen und Strategien entstehen können. Fahrlässig angesichts der Herausforderungen, die mit den aktuell anstehenden Wahlen, der Gefährdung demokratischer Grundstrukturen und der sich auseinanderbewegenden Gesellschaft markiert werden.

Berlin ist dem NJO seit seiner Gründung im Jahr 2007 aufgrund seiner lebendigen kulturellen Vielfalt und einem Musikleben, das den Puls der Gesellschaft sucht, ein gutes und inspirierendes Zuhause. Dieser Nährboden wird nun durch eine menschengemachte Dürre ausgetrocknet und nachhaltig zerstört. So kann Berlin für uns und viele weiter Akteur:innen kein zu Hause mehr sein!

Vorschläge für eine neue Heimat mit einer zukunftsinteressierten Kulturpolitik bitte an kontakt@jungeohren.de!  

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